Angaben zum Kunstwerk
Beschreibung
Richard Helbin
Werkreihe ‚I remember‘
Handstickerei auf Nessel
49,5 x 36,5 cm
Die Werkgruppe „I remember …“ verwebt intime, fragmentarische Erinnerungen und Reflexionen mit einer bemerkenswerten Materialität. Die Texte, in rotem Garn auf Nessel handgestickt, sind private Einträge, in denen persönliche Sehnsüchte, Zweifel und Momente flüchtiger Schönheit niedergeschrieben werden. Sätze wie „Another lie I tell myself“ oder „you know we can’t all be beautiful“ lesen sich wie Auszüge aus einem Tagebuch, das gleichzeitig poetisch, verletzlich und schonungslos ehrlich ist. Die Handarbeit der Stickerei verleiht diesen Worten ein taktiles Gewicht – jede Naht, jede Linie ist ein Zeugnis der Zeit, der Mühe und der Intimität des Prozesses.
Die Materialität des Garns und die traditionelle Technik der Stickerei werden hier in den Dienst queerer Erzählungen gestellt: Das vermeintlich „häusliche“ Handwerk wird politisch und persönlich aufgeladen, indem es die Darstellung schwuler Begehren, Unsicherheiten und Erinnerungen auf eine poetische, fast sakrale Weise formt. Die Verbindung von Texten und Bildern junger Männer, entlehnt aus Werbeprospekten und ebenfalls gestickt, eröffnet ein Spannungsfeld zwischen Konsumästhetik, Körperbildern und subjektiver Erinnerung. Die Stickerei transformiert die reproduzierten, oft normierten Werbebilder in fragile, reflektierende Objekte, die die Zerbrechlichkeit und Vielschichtigkeit von Selbstwahrnehmung und Begehren sichtbar machen.
Die Kombination aus handgesticktem Text und Bild, das tagebuchartige Momenthafte der Sprache und die intime Körperlichkeit des Garns machen „I remember …“ zu einer sensiblen Untersuchung von Erinnerung, Begehren und Selbstwahrnehmung. Die Werke setzen die persönliche Perspektive in Beziehung zu gesellschaftlichen Normen, indem sie private Geständnisse in ein öffentliches Kunstfeld übertragen – und dabei die Handarbeit als queer-politisches Ausdrucksmittel nutzen.





